Zirkusse: Mißbrauch in der Manege
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Stand: Dezember 2007
Während manche Kinder davon träumen mögen wegzulaufen, um zum Zirkus zu gehen, dürften wohl die meisten Zirkustiere, die dort zu ihren Kunststückchen gezwungen werden, davon träumen, ihm zu entfliehen. Ein farbenfroher Pomp verschleiert die Tatsache, dass die Tiere im Zirkus Gefangene sind, die man dazu nötigt, unnatürliche und oft sogar schmerzvolle Darbietungen zu bringen, die die Menschen dann "Unterhaltung" nennen. Mittlerweile verliert der Zirkus mit Tieren mehr und mehr an Attraktivität, der breiten Öffentlichkeit ist bekannt, wie die Tiere behandelt, in absoluter Beengtheit gehalten, trainiert und schließlich "in Rente" geschickt werden.
Bundesratsentscheidung
Mit überwältigender Mehrheit hat der Bundesrat 2003 einen Initiativantrag an den Bundestag beschlossen, ein Verbot von Wildtieren im Zirkus (insbesondere Affen, Elefanten und Bären) zu erabeiten. Nun ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dringend aufgerufen, den Beschluss des Bundesrates umzusetzen und eine Verordnung zu erlassen, die das Halten von Wildtieren im Zirkus verbietet. Die im Zirkus sehr häufig anzutreffenden Haltungsmängel werden auf dem offiziellen Verwaltungsweg i.d.R. nicht abgestellt, da der Zirkus ständig auf Reisen ist und die Zuständigkeiten der Behörden permanent wechseln. Der Staat hat aber durch die Verankerung des Tierschutzes im Artikel 20a des Grundgesetzes eine besondere Verantwortung für das Staatsschutzziel Tierschutz übernommen, ein Verbot von Tieren im Zirkus ist längst überfällig. Immerhin gilt das Zirkuszentralregister auf Bundesebene so gut wie sicher als beschlossen.
Auffangstationen
Viele Behörden handeln auch deshalb nicht, weil sie nicht wissen, wohin mit den beschlagnahmten Tieren. Nur wenige Zoos sind nämlich bereit, beschlagnahmte Tiere aus dem Zirkus aufzunehmen; selbst dann nicht, wenn diese Tiere ursprünglich in zoologischen Einrichtungen geboren wurden. Gewinnbringende Publikumsmagnete sind für Zoos nach wie vor Jungtiere und nicht alte und kranke Tiere aus dem Zirkus. Dabei unterstützt die Bevölkerung die Rettung von vernachlässigten Tieren und Kindern und Jugendlichen lassen sich durch die Aufnahme von vernachlässigten Tieren wertvolle pädagogische und ethische Grundsätze vermitteln.
Ohne Moos nix los
Mit unserem heutigen Verständnis von Tierschutz sind Tiere im Zirkus längst nicht mehr vereinbar. Die meisten der ca. 350 Wanderzirkusse in Deutschland leiden an ständigem Geldmangel, was dazu führt, dass die von ihnen gehaltenen Tiere oft unter einer nicht angemessenen Behandlung und Pflege leiden. Bereits 1994 kam die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (67. GMK am 17./18. November 1994) zu dem Ergebnis, dass Tiere in Wanderzirkussen häufig nicht artgerecht gehalten und nicht ausreichend gefüttert und betreut werden. „Uneinsichtigkeit und fehlende finanzielle Mittel verhindern in der Regel eine dauerhafte Verbesserung der Situation. Vollzugsmaßnahmen laufen nicht selten ins Leere. Die Wegnahme der Tiere scheitert meistens an fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten“.
Viele Wanderzirkusse sind nicht einmal in der Lage, den Tieren ausreichend Wasser zur Verfügung zu stellen. Sie reisen innerhalb eines Jahres durch zig Städte, die Frischwasserversorgung ist nicht unbedingt überall gewährleistet. Unsere Beobachtungen zeigen, dass Trinkwasser häufig rationiert wird, das Reinigen der Tiere und ihrer Käfige teilweise ganz unterbleibt. Die Nahrung wird häufig gleichermaßen rationiert. Viele Wanderzirkusse erbetteln u.a. in Supermärkten das Futter für ihre Tiere.
Auszug aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgericht Hanau vom 16.06.2006, Az. 1013 Js 9934/04-Kls im Fall der Verantwortlichen des Zirkus G. Althoff: „Lahmheit ist – wie die Angeklagten wussten – regelmäßig ein Zeichen von Schmerz. (…) Durch die sich summierende Vernachlässigung der Körperpflege wurde das Wohlbefinden der fünf indischen Elefanten derart beeinträchtigt, dass ihnen erhebliche Leiden zugefügt wurden, was die Angeklagten auch wussten“.
Haltung der Tiere
Tiere, die zumeist recht groß und/oder von Natur aus sehr aktiv sind, müssen den überwiegenden Teil ihres Lebens in ihren winzigen Transportkäfigen verbringen; diese dürfen sie meist nur für die wenigen Minuten ihrer Darbietungen in der Manege verlassen. Die „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen“ formulieren lediglich Mindestanforderungen. In den Käfigen, Transportwagen und Zelten sind die Tiere auf engstem Raum gehalten, weit von dem entfernt was man als artgerecht bezeichnet. Doch selbst diese Mindestanforderungen werden oft nicht erfüllt,
da der Zirkus durch das ständige Reisen nur kurz an einem Ort verweilt und so den amtstierärztlichen Vollzugsmaßnahmen entgeht.
Die Amtsveterinäre selbst fühlen sich überlastet, nicht kompetent genug oder resignieren angesichts der mangelnden Möglichkeiten, einzugreifen. So werden die Tiere ihrer natürlichen Bedürfnisse beraubt, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr, was zu Schmerzen und Leiden führt. Die Grenze des Vertretbaren ist durch erhöhte Sterblichkeit und schwere Verhaltensstörungen von z.B. Wildtieren im Zirkus längst erreicht, ja sogar in vielen auch gerichtskundigen Fällen überschritten. Schon dadurch, dass die Tiere einen Großteil ihres Lebens in Transportwägen verbringen, sind ihre Möglichkeiten, sich artgemäß zu bewegen, stark eingeschränkt. Angeborene Verhaltensweisen wie graben, klettern, schwimmen, sprinten u.v.m. werden permanent unterbunden. Laut der hessischen Bundesratsinitiative zwingt die Notwendigkeit zur fortwährenden Mobilität den Zirkus zu Kompromissen, die zu Lasten der Tiere gehen. Während des Winters, also außerhalb der Saison, werden die Zirkustiere meist in Transportverschlägen oder in Scheunen gehalten; manche Tiere hält man sogar in LKWs. Solch ununterbrochenes Eingepferchtsein hat schwerwiegende Auswirkungen auf den physischen und psychischen Zustand der Tiere. Allein in den letzten 10 Jahren (Stand 2003) ist ca. ein Drittel des gesamten Bestandes an Elefanten im Zirkus vorzeitig verstorben. Bei den Überlebenden sind stereotype Verhaltensstörungen weit verbreitet.
Auch was die klimatischen Verhältnisse angeht, entspricht das Zirkusklima in keiner Weise der natürlichen Umgebung der Tiere. So können beispielsweise gerade die Sommermonate extrem schwer zu ertragen sein für Tiere wie Bären, während andere Tiere wie z.B. Löwen wiederum entsetzlich unter Kälte leiden. Zudem gibt es nur wenige Tierärzte, die qualifiziert genug wären sich mit exotischen Tieren auszukennen.
Unnatürliche Darbietungen
Körperliche Bestrafung war lange Zeit die gängige "Trainingsmethode" für Zirkustiere, auch wenn moderne Trainer häufiger dazu übergehen, eher mentale Kontrolle über das Tier auszuüben und ihm auf diese Weise "Kunststückchen" beizubringen. Manche Tierarten sind allerdings weniger imstande, sich Trainingsmethoden anzupassen als andere und leiden daher ganz erheblich unter Stress während der Ausbildungsphase. Anderen Tieren wiederum werden Medikamente verabreicht, damit man sie überhaupt handhaben kann, oder man entfernt ihnen die Zähne. Die Darbietungen, die die Tiere zwangsweise bringen müssen - z.B. Bären, die auf Bällen balancieren, Affen, die Motorräder fahren, Elefanten, die auf nur zwei Beinen stehen müssen - sind für die Tiere völlig unnatürlich. Die Peitschen, engen Halsbänder, Maulkörbe, Elefantenhaken oder sonstigen Werkzeuge (selbst Elektroschocker, getarnt unter bunten „Puscheln“ wurden von uns beobachtet), die bei den Vorführungen in der Manege verwendet werden, beweisen immer wieder, dass die Tiere nur unfreiwillig und unter Zwang agieren. Diese oberflächlichen "Darbietungen" entwürdigen die Tiere und lehren die Zuschauer aber auch gar nichts darüber, wie sich Tiere unter natürlichen Umständen verhalten. Stattdessen werden die Zirkustiere oft als "wild" oder "dumm" im Vergleich zu ihren "mutigen" oder "gebietenden" menschlichen Gegenparts dargestellt.
Ein Leben in Einsamkeit
Ist die "Nutzdauer" eines Tieres für Vorführungszwecke einmal abgelaufen, werden sie entweder permanent in ihre Winterquartiere (also oft Käfige) verbannt oder an andere Zirkusse, Zoos oder private Menagerien verkauft; in manchen Ländern werden sie sogar an Jagdfarmen (um dort zur "Freizeitentspannung" erschossen oder als exotische Mahlzeit verspeist zu werden) oder gar an Versuchslabors veräußert. Oft gestaltet sich ihr Lebensabend genauso wenig friedlich oder komfortabel wie ihr übriges Leben: eingepfercht, unter Zwang, in Elend.
Andere Länder
Länder wie Österreich, Dänemark, Schweden, England, Ungarn und Finnland haben bereits Verbote und/oder starke Einschränkungen erlassen, da entsprechende Tierarten besondere Ansprüche z.B. hinsichtlich der Ausbruchsicherheit, Größe und Ausstattung von Gehegen, der Zusammensetzung sozialer Gruppen, des Transportes oder auch an klimatische Gegebenheiten haben, denen ein Wanderzirkus nicht gerecht werden kann. Wie man Tierschutz auf kommunaler Ebene stärken kann, zeigen die Städte Chemnitz und Heidelberg: Sie haben das Mitführen von Wildtieren im Zirkus zumindest stark begrenzt. Die Beendigung der Tierausbeutung im Zirkus ist längst überfällig. Zahlreiche erfolgreiche Zirkusse ohne Tiere haben sich von der völlig überholten und absolut falschen Vorstellung verabschiedet, dass die Tiere unsere Spielzeuge sind. Indem Sie sich weigern, Zirkusse zu besuchen, d.h. finanziell zu unterstützen, können Sie denjenigen, die Tiere ausbeuten, klarmachen, dass Grausamkeit nichts mit Unterhaltung zu tun hat.
QUELLE:PETA.DE